Darf man seinen Rechtsanwalt anlügen?
Darauf kann ich Ihnen eine – für mich als Rechtsanwalt eher untypisch – kurze Antwort geben: NATÜRLICH!
Grundsätzlich müssen Sie nur dann die Wahrheit sagen, wenn Sie vor der Polizei/den Behörden oder vor Gericht als ZeugIn aussagen. Tun Sie dies nicht, machen Sie sich strafbar.
Ansonsten können Sie grundsätzlich nicht gezwungen werden die Wahrheit zu sagen (ausgenommen zB aber die Vereidigung), gerade als Beschuldigte/r im Strafverfahren können Sie sich ‚verantworten wie Sie möchten‘. Das wird Ihnen sowohl bei der Polizei als auch bei Gericht gesagt werden.
Und beim Anwalt? Nun, mir müssen Sie auch nicht die Wahrheit sagen, Sie können/dürfen auch lügen oder Dinge verschweigen. Die Frage ist allerdings, ob es etwas bringt, dem eigenen Rechtsanwalt nicht die Wahrheit zu sagen.
Ich halte es hier wie in der Mathematik. Dort heißt es ja:
Formel – Einsetzen – Ausrechnen
- Die Formel ist dabei meine Rechtskenntnis und meine Betreuung
- Das Einsetzen, die ‚Werte oder Zahlen‘ sind Ihre Angaben, also was Sie mir erzählen (möchten)
- Das Ausrechnen ist das Ergebnis, also das Urteil/der Ausgang der Rechtssache
Anders gesagt: Wenn Sie mir falsche Zahlen nennen, dann kann meine Formel noch so gut und richtig sein, das Ergebnis ist trotzdem falsch
Verschweigen Sie mir also Informationen oder sagen mir nicht die Wahrheit, kann es dadurch sein, dass trotz aller rechtlicher Beratung meinerseits, für Sie nicht das beste Ergebnis erreicht werden kann. Denn wenn ich aufgrund falscher Informationen eine Sache rechtlich bewerte, kann ich nur zum falschen Ergebnis und so zur falschen Strategie kommen.
Kurzum: Sie können mir gerne all jene Informationen geben, die Sie mir geben möchten. Je vollständiger diese sind, desto besser wird Ihre Betreuung durch mich werden. Und überdies habe ich auch eine Pflicht zur Verschwiegenheit, ich gebe also nur jene Informationen weiter, die vorher mit Ihnen abgesprochen wurden.